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Die fricktaler Gemeinden im 18. Jh.

1700
Während die fricktaler Gemeinden gegen aussen als geschlossener Verband auftraten, gab es im Innern doch recht scharfe Gegensätze, die durch die genossenschaftliche Ausbildung der dörflichen Verfassung zwar abgeschwächt, aber keinesfalls aufgehoben wurden. Die Scheidung zwischen Regierenden und Regierten hatte sich im Laufe der Zeit auch auf das Dorf übertragen. Die Menschen der damaligen Zeit lehnten sich jedoch kaum dagegen auf; sie scheinen die ständische, soziale und wirtschaftliche Stufung als natürlich oder schicksalhaft gegeben empfunden zu haben. Seit der beginnenden Neuzeit, und erst recht im 18. Jahrhundert, spielte die persönliche rechtliche Stellung der einzelnen Gemeindegenossen innerhalb des Dorfverbandes keine wesentliche Rolle mehr*. Anstelle der Unterscheidung zwischen Freien und Unfreien war die Stufung nach Besitz an Haus, Hof, Land und Vieh massgebend geworden. Im Dorf bestand somit nicht nur ein Dualismus zwischen Bürgern und Hintersassen (auch Einsassen), sondern auch zwischen reichen und armen Bauern sowie zwischen alteingesessenen und neu zugezogenen Familien. Mit der Einbürgerung wurde der vorher bloss Geduldete wohl in den Verein der Dorfleute aufgenommen, aber das bedeutete noch keineswegs die soziale Gleichstellung. Selbst im 17./18. Jahrhundert trat das Bürgerrecht noch stark hinter den Gerechtigkeiten der Genossenschaft der Nutzungsinhaber zurück.
*Bis zur gesetzlichen Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahre 1782 gab es auch im Fricktal zahlreiche Leibeigene, deren finanzielle Lasten und rechtliche Beschränkungen allerdings gering waren. Sie hatten jährlich eine geringe Eigensteuer und das Frongeld zu bezahlen.
Die Vollbauern, diejenigen mit einem ganzen Zug (Gespann), d.h. mit vier Hauptfuhren, bildeten mit den Wirten und Müllern zusammen eine eigentliche Dorfaristokratie, bei der sich die lokale Macht konzentrierte. Diese Oberschicht stellte fast immer die wichtigsten Dorfbeamten oder wusste diese wenigstens unter ihrem Einfluss zu halten. Sie zogen den grössten Nutzen aus den Gemeindegütern und der Allmend und gebärdeten sich oft herrschaftlicher gegen die unteren Schichten als die Obrigkeit gegenüber der Gemeinde.
Die Halbbauern besassen die gleiche rechtliche Stellung wie die Vollbauern, hingegen war ihr Besitz geringer.
Die zahlenmässig stärkste Bevölkerungsgruppe, die nach ihren untersten Genossen benannt wurde, bildeten überall die Tauner (Kleinbauern, Taglöhner), wobei zu bemerken ist, dass bei weitem nicht alle Taglöhner waren, die dazu gezählt wurden. Das starke Anwachsen dieser Schicht rührt unter anderem daher, dass die Zahl der Bauernhöfe trotz der bedeutenden Bevölkerungszunahme seit dem 16. Jahrh. aus verschiedenen Gründen nur unwesentlich vermehrt wurde. Die Tauner besassen gewöhnlich ein kleines Haus (Taglöhnerhaus) oder einen Hausteil, meistens aber sehr wenig oder gar kein Land. Ihr Mitspracherecht in Gemeindefragen war gering, ebenso ihr Anteil an Wald und Weide. Durch den Grundsatz, dass jeder Dorfbewohner nur so viel Vieh auf die gemeine Weide treiben durfte, wie er überwintern konnte, wurden vor allem die kleinen Bauern und Handwerker benachteiligt. Dabei waren auch die Tauner eingesessene Bürger (Einsassen) und leisteten die üblichen Steuern und Dienste.
Eine Steuerliste aus der Landschaft Möhlinbach von 1756/57 nennt für Zeiningen folgende Zahlen: 6 Vollbauern, 11 Halbbauern, 28 Viertelbauern, 23 Achtelbauern, 20 vermögl. Taglöhner, 29 arme Taglöhner, 10 Knechte, 20 Mägde und Bueben (Quelle: e-periodica).
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